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meine Erinnerung an seinen Kollegen Herbert Locke, der mir
ein Exemplar seines Buches »Toward a History of the Kenning«
gab, in dem steht, daß die Angelsachsen sehr bald auf jene ein
wenig mechanischen Metaphern verzichteten (Walfischstraße
für das Meer, Schlachtenfalke für den Adler), während die
skandinavischen Dichter sie bis zur Unentwirrbarkeit kombi-
nierten und verknüp8àen. Ich habe Herbert Locke erwähnt,
weil er zu meiner Geschichte gehört.
Nunmehr komme ich zu dem Isländer Eric Einarsson, viel-
leicht der wirklichen Hauptfigur. Ich habe ihn niemals gesehen.
Er traf 1969 in Texas ein, als ich mich in Cambridge au5àielt,
doch die Briefe eines gemeinsamen Freundes, Ramón Martínez
López, haben mir die Vorstellung hinterlassen, ihn aufs ge-
naueste zu kennen. Ich weiß, daß er he8àig, energisch und kühl
ist; in einem Land großgewachsener Männer ist er von großer
Statur. Bei seinen roten Haaren war es unvermeidlich, daß die
Studenten ihm den Spitznamen Erich der Rote gaben. Er war
der Ansicht, daß der notwendigerweise falsche Gebrauch von
Slang den Ausländer zum Eindringling macht, und ließ sich
niemals auch nur zu einem O. k. herab. Als tüchtigem Fach-
mann für die nordischen Sprachen, Englisch, Latein und
obwohl er es nicht eingestand Deutsch, fiel es ihm nicht
schwer, seinen Weg an den Universitäten Amerikas zu machen.
Seine erste Arbeit war eine Studie über die vier Artikel, die de
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Quincey dem Einfluß des Dänischen im Seengebiet von West-
morland gewidmet hatte. Ihr folgte eine zweite über den Dia-
lekt der Bauern von Yorkshire. Beide Studien wurden freund-
lich aufgenommen, doch Einarsson war der Meinung, daß
seiner Karriere irgendein Element der Bewunderung nottat.
1970 veröffentlichte er in Yale eine üppige kritische Ausgabe
der Ballade von Maldon. Die scholarship der Anmerkungen war
unbestreitbar, doch gewisse Hypothesen des Vorworts riefen in
den fast geheimen akademischen Kreisen einiges an Diskussio-
nen hervor. Einarsson behauptete beispielsweise, der Stil der
Ballade sei wenn auch entfernt dem epischen Fragment »Finns-
burg« verwandt, nicht der gemessenen Rhetorik des Beowulf,
und seine Handhabung bewegender Einzelheiten nehme auf
sonderbare Weise die Methoden vorweg, die wir nicht zu Un-
recht an den isländischen Sagas bewundern. Er berichtigte
gleichfalls verschiedene Lesarten des Elphinstonschen Textes.
Schon 1969 war er als Professor an die Universität von Texas
berufen worden. Bekanntlich werden an den amerikanischen
Universitäten gern und häufig Germanistenkongresse abgehal-
ten. Das letzte Mal war Dr. Winthrop nach East Lansing
geschickt worden. Der Chef der Abteilung, der sich auf sein
Urlaubsjahr vorbereitete, bat ihn, sich einen Kandidaten
für die nächste Sitzung in Wisconsin zu überlegen. Im übri-
gen gab es nicht mehr als zwei: Herbert Locke oder Eric Einars-
son.
Winthrop hatte sich wie Carlyle von dem puritanischen
Glauben seiner Vorfahren losgesagt, nicht jedoch von der pu-
ritanischen Moral. Er hatte es nicht abgelehnt, seinen Rat zu
geben; seine Pflicht war klar. Seit 1954 hatte Herbert Locke
ihm seine Hilfe bei einer kommentierten Ausgabe des Beowulf-
Epos nicht vorenthalten, die bei bestimmten Fragestellungen
den Gebrauch der Klaeberschen Ausgabe ersetzt hatte; im
Augenblick kompilierte er ein für die Germanistik sehr nützli-
ches Werk: ein englisch-angelsächsisches Wörterbuch, das den
Lesern die o8à nutzlose Konsultierung der etymologischen Wör-
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terbücher ersparen würde. Einarsson war sehr viel jünger; seine
anmaßenden Allüren trugen ihm allgemeine Abneigung ein,
die von Winthrop nicht ausgeschlossen. Die kritische Ausgabe
von »Finnsburg« hatte nicht wenig dazu beigetragen, seinen
Namen bekanntzumachen. Er wurde leicht polemisch; auf dem
Kongreß würde er sich besser ausnehmen als der verschlossene
und schüchterne Locke. In diesen Grübeleien steckte Win-
throp, als es geschah.
In Yale erschien ein ausführlicher Artikel über das Studium
der angelsächsischen Literatur und Sprache. Unter der letzten
Seite standen die durchsichtigen Initialen E. E. und, wie um
den letzten Zweifel zu beseitigen, die Ortsangabe Texas. Der
Artikel, abgefaßt in einem korrekten Ausländer-Englisch,
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